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Ästhetische Chirurgie ist ein Kunsthandwerk

Ärztin wollte sie schon als Teenager werden. Ästhetische Chirurgin ein paar Jahre später. Ihr Buch «Mein Kunsthandwerk» handelt aber nicht nur von einer «geborenen Chirurgin», sondern auch von einer unermüdlichen Kämpferin, die gelernt hat, ihre Ellenbogen auszufahren, um selbstbestimmt ihren Weg zu gehen. Aber auch von einer Chirurgin mit Herz, die es noch heute schlecht ertragen kann, menschliches Leid zu sehen. Sie, die im ersten und zweiten Präparierkurs in der klinischen Ausbildung umkippte, bevor sie das Skalpell überhaupt ansetzen konnte, lernte im zweiten Studienjahr durch charismatische Kapazitäten wie Professor Georg Uhlschmid, dass sie ihren Traum...

Dr. Colette C. Camenisch

Ärztin wollte sie schon als Teenager werden. Ästhetische Chirurgin ein paar Jahre später. Ihr Buch «Mein Kunsthandwerk» handelt aber nicht nur von einer «geborenen Chirurgin», sondern auch von einer unermüdlichen Kämpferin, die gelernt hat, ihre Ellenbogen auszufahren, um selbstbestimmt ihren Weg zu gehen. Aber auch von einer Chirurgin mit Herz, die es noch heute schlecht ertragen kann, menschliches Leid zu sehen.

Sie, die im ersten und zweiten Präparierkurs in der klinischen Ausbildung umkippte, bevor sie das Skalpell überhaupt ansetzen konnte, lernte im zweiten Studienjahr durch charismatische Kapazitäten wie Professor Georg Uhlschmid, dass sie ihren Traum, plastische Chirurgin zu werden, mit ihrem starken Willen und Durchhaltevermögen durchaus umzusetzen imstande sei. Quod erat demonstrandum: Die Vorbereitungen auf das Staatsexamen waren eine Plackerei. Colette C. Camenisch erinnert sich: «Wir lernten in jeder freien Minute. Quälten uns durch die schier endlose Masse an Material, und gelegentlich kam es zu Selbstzweifeln und Tränen.» Aber sie reüssierte – auch mit ihrer Dissertation mit dem Titel «Somatische Gesundheit von Patienten vor und während der heroingestützten Behandlung».

Die Chirurgie war von Anfang an meine Leidenschaft Weiter ging es dann in der ersten Assistenzzeit (2000 – 2002), wo Chirurginnen nicht gerade mit Samthandschuhen behandelt wurden. «Frauen waren vor 25 Jahren in dieser Berufsgattung noch rar, der Umgangston rau», schrieb sie in ihrem Buch. «Ich arbeitete praktisch rund um die Uhr. Nicht weil ich musste – ich wollte beweisen, dass ich es kann.» Und dann kam der Tag der ersten Operation für die 27-Jährige! Ein Leistenbruch. Mit knallrotem Lippenstift und engem weissen T-Shirt marschierte sie auf. Unerfahren und absolut nicht dem Standard entsprechend. Alles verlief gut. «Die Faszination für die Chirurgie hat mich seither nicht mehr losgelassen», sagt sie auch heute noch voller Inbrunst. Schmerzen zu ertragen und sich unter keinen Umständen eine Blösse zu geben, lernte sie schon in der zweiten OP, als sie durchhielt, obwohl sie im Vorfeld ausgerutscht, sich dabei (wie sich später herausstellte) den Brustkorb geprellt und einen Rippenbruch zugezogen hatte – und sich die dummen Sprüche der Männer anhören musste. «Die Chirurgie war damals eine Männerwelt!

Im Juli 2002 wechselte sie an das Spital Neumünster und fühlte sich vom damaligen Chefarzt «beflügelt»: «Manchmal rief er mich am Wochenende an und fragte mich beispielsweise, ob ich eine Gallenblase operieren möchte. Und wie ich wollte! Auch wenn ich am See in der Badi war, düste ich ins Spital.» Das ging damals rechtlich durch: «Als ich Assistenzärztin war, konnte ich so lange arbeiten, wie ich wollte – es gab keine Einschränkungen. Und ich liess mich auch nicht bremsen!»

Auch nicht später in Indien auf der Cleft-Abteilung, die Srinivas Gosla Reddy 1996 gegründet hatte, als sie sich dafür einsetzte, die hygienischen und organisatorischen Missstände im Krankenhaus zu verbessern und dabei erlebte, wie die Ärmsten der Armen sich herausputzten, um den Ärzten gegenüber noch ein wenig Würde zeigen zu können. Damals begriff sie, dass Schönheit ein Grundbedürfnis ist, nach dem alle streben. Ein Umstand, dem auf der Zürcher Universitäts- Unfallchirurgie wenig Rechnung getragen werden kann, da zählte nach ihrer Rückkehr in die Schweiz nur totaler Einsatz. So beispielsweise 2004, als Patienten nach dem verheerenden Tsunami im indischen Ozean von Bangkok zur weiteren Behandlung unter anderem ins Unispital Zürich geflogen wurden.

«ICH SAH SO VIEL MENSCHLICHES ELEND. MANCHE ERLEBNISSE GEHEN MIR AUCH NACH ALL DEN JAHREN NICHT MEHR AUS DEM KOPF.»

— Dr. Colette C. Camenisch

Mehr zu diesem Bericht können Sie in der aktuellen Print Ausgabe lesen.

Text / Foto:

TEXT: YOLANDA EGGER
BILDER: ZVG