Patrizia Laeri
Schon als kleines Mädchen fiel ihr auf, dass
Männer die Wirtschaftswelt erklären. Diversity
und Perspektivenvielfalt in der Wirtschaft sind
für sie daher seit jeher kein «nice to have», sondern ein
«must have». Nur gerade 32 Prozent des weltweiten
Vermögens liegt in den Händen von Frauen. Die
Mitgründerin der Plattform ellexx will diese enormen
Geldlücken zwischen den Geschlechtern schliessen
und Frauen finanziell stärken.
Im Gespräch mit Patrizia Laeri wird klar: Sie kann sich
definitiv auf die Hinterbeine stellen, konnte sie schon
immer! Sie begann ihre Karriere
nach ihrem mit «Magna cum
Laude» abgeschlossenen Betriebswirtschaftsstudium
2003 beim
Schweizer Radio und Fernsehen
SRF und wurde schnell zu einem
der bekanntesten Gesichter im
Bereich des Wirtschaftsjournalismus.
So arbeitete sie bis 2020
unter anderem als Wirtschaftsredaktorin
für die Sendungen «10
vor 10» und «Tagesschau» und
moderierte unter anderem «SRF
Börse» und die Wirtschaftssendung
«ECO», eines der renommiertesten
Formate des SRF. Ihre klare und fundierte
Berichterstattung wurde nicht nur in der Branche sehr
geschätzt. Sie setzte und setzt sich äusserst aktiv für
Diversität und Frauenförderung in Wirtschaft und
Medien ein und wurde mehrfach für ihre journalistischen
Leistungen ausgezeichnet. Sie gehört mit Recht zu einer
der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Schweizer
Medienszene.
Mit der Mitgründung der Plattform ellexx unterstreicht
die zweifache Mutter und Witwe ihren Willen, nicht nur
als Journalistin, sondern auch als Unternehmerin
Akzente für das Empowerment von Frauen setzen zu
wollen.
SETTEDONNA: Frau Laeri: Warum haben Sie sich
entschieden, das Finanz- und Medienportal ellexx zu
gründen und welche hauptsächliche Vision verfolgen Sie
damit?
56 Prozent der Frauen in der Schweiz können sich
finanziell nicht selbst über Wasser halten – das hält sie
klein und auf. Das hat meine Mitgründerinnen Nadine
Jürgensen, Simone Züger und mich beelendet und diese
Zahl treibt uns täglich an. Frauen hatten erst eine
Generation Zeit, sich mit Geld auseinanderzusetzen.
Man stelle sich vor: Erst seit Ende der 80er dürfen
Frauen in der Schweiz ohne
Unterschrift ihres Partners ein
Bankkonto eröffnen oder Immobilien
kaufen und verkaufen!
Nur gerade 32 Prozent des weltweiten
Vermögens liegt in den
Händen von Frauen. Oder anders
gesagt: Männer sind 105 000 000
000 000 Franken reicher, sprich
105 Billionen! Das ist eine stossende
Ungleichheit. Die globale Unterschicht
ist weiblich.
Auch bei Optimal-Einsatz aller
unserer Kräfte als instruierte und
moderne, aber nicht militante Frauen im Kampf um
Gleichstellung: Gibt es einen Zeithorizont, der diesem
Ziel nahekommen könnte? Und welche Umstände führen
Sie zu dieser Annahme?
Geld ist die letzte Frontlinie der Gleichstellung. In meiner
früheren Tätigkeit in der Börsen- und Finanzwelt frustrierte
es mich, dass die Anlagen von Männern florierten,
während Frauen an den Märkten gar nicht erst dabei
waren. Zudem beobachtete ich mit Sorge, dass Frauen
während der Pandemie häufig aus der Berufswelt gedrängt
wurden. Wir haben damals einen Rückschlag erlebt und
die Gleichstellung ist dadurch in weite Ferne gerückt.Laut World Economic Forum werden wir wirtschaftliche
Gleichstellung alle nicht mehr erleben, sie wird global erst
in 151 Jahren erreicht sein.
Wie beurteilen Sie die Fortschritte der Schweiz im Bereich
Gleichstellung und Elternzeitregelung unter Berücksichtigung
der Wirtschaftlichkeit und Effizienz eines
Unternehmens?
Für eine kinderlose junge Frau in
der Schweiz gibt es rational
gesehen nichts finanziell Schädlicheres,
als Mutter zu werden.
Weshalb? In der Schweiz bedeutet
Mutter werden vor allem
68 Prozent weniger Lohn und
ein Drittel weniger Rente. Neben
dem Einkommenseinbruch
müssen Mütter also auch einen
grossen Rentenschaden hinnehmen.
Wir haben einer der
höchsten Mutterschaftsstrafen
der ganzen OECD. Wir haben
zudem das teuerste Betreuungssystem
Europas, sofern es
überhaupt Angebote gibt – in
vielen ländlichen Gemeinden
fehlen diese immer noch gänzlich. Es lässt sich nicht
schönreden: Wir sind ein familienpolitisches Entwicklungsland.
«56 PROZENT DER FRAUEN IN DER SCHWEIZ KÖNNEN SICH FINANZIELL NICHT SELBST ÜBER WASSER HALTEN.»
— Patrizia Laeri

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Text / Foto:
BILDER: ZVG